Wie geht denn das?

Das klingt alles gut und interessant, aber Sie können sich noch nicht so richtig vorstellen, wie das dann konkret aussehen kann? Dann schauen Sie hier auf einen exemplarischen Ablauf.

Präambel
Jeder agile acting Workshop läuft anders und idealerweise auch anders als geplant. Denn beim agile acting geht es um spontanes Handeln, das zu kreativem Umgang mit Ihren Themen führt.
Wir sind zufrieden, wenn wir auf unserer gemeinsamen Reise durch unsere Workshops an einem überraschend bunten Ort ankommen. Vielleicht ist es der, den wir ursprünglich als Zielort geplant haben. Aber wir würden es vorziehen, wenn Sie überrascht wären, dass dieser Ort existiert.
Die folgende Ablaufskizze ist daher fiktiv und wird aller Voraussicht nach niemals in dieser Art stattfinden.

agile acting in a day - Ein Beispiel
Nehmen wir mal an, dass Sie in letzter Zeit das Gefühl hatten, dass es um die Selbstorganisation Ihres Entwicklungsteams nicht mehr so gut bestellt war, wie zuvor. Der Scrum Master und die Product Ownerin sind ratlos. Dann könnte ein eintägiger Workshop z.B. so aussehen:

Anwärmen
Um 9:00 Uhr treffen wir uns und trinken Kaffee. Bei anderen Workshops dient das vielleicht der Überbrückung unterschiedlicher Ankunftszeiten. Im agile acting beginnt hier bereits das gemeinsame Arbeiten: Beziehungen werden sichtbar und Einstellungen offenbaren sich. Jede Arbeit in der Gruppe fängt mit Beziehungsarbeit an
Selbstverständlich nehmen wir dann in einem Stuhlkreis Platz. Tische laden nicht zur Handlung ein. Und langes Sitzen auch nicht. Also: Nach einer sehr kurzen Begrüßung und einer ersten Einordnung von Regeln und Methoden stehen alle auf und laufen durch den Raum. Zunächst einen Augenblick ohne Aufgabe bei sich bleiben, ankommen. Dann bewusst die andern wahrnehmen, sich begegnen. Zum Schluss geht es darum, jeden, den man trifft, herzlich zu begrüßen. Dieser Teil verstärkt den Effekt, der beim Kaffeetrinken bereits beschrieben worden ist: Viel Ungesagtes wird offensichtlich, wir kommen in Kontakt mit den anderen.

Soziometrische Gruppenanalyse
Die Soziometrie, hier als die Vermessung der Gruppe zu verstehen, ermöglicht es, komplexe Gruppenkonstellationen auf einfache Weise sicht- und erlebbar zu machen. Unterschiedlich breite und tiefe Erfahrungsunterschiede sind oft ein wesentlicher Faktor bei Gruppenprozessen.
Daher fragen wir die Gruppe, sich anhand von Fragestellungen und bestimmten Kriterien im Raum aufzustellen. Zum Beispiel:
•    Wieviel Berufserfahrung in Jahren hat jeder einzelne Teilnehmer?
•    Wieviele Jahre Erfahrung hat jeder Einzelne mit agilen Verfahren?
•    Wie lange ist jeder Einzelne schon im Unternehmen?
Nach jeder Frage werden die Teilnehmenden dazu interviewt. Einstellungen, Gemeinsamkeiten und Unterschiede werden sichtbar.
Im Anschluss wird in der Runde besprochen, was die Beobachtungen und Erlebnisse für Auswirkungen haben könnten: Welche positiven Effekte können aus Unterschiedlichkeiten und Gemeinsamkeiten entstehen? Was könnte hier für ein Zusammenhang mit dem Thema Selbstorganisation verborgen sein?
Spätestens hier könnte es jederzeit vorkommen, dass wir vom ursprünglichen Plan abweichen, da sich bereits spontane Impulse ergeben, die einen anderen Fortgang nahelegen. Nehmen wir für dieses Beispiel aber einfach an, wir würden dem ursprünglichen Plan folgen.

Gruppenspiel
Um die Spontaneität der Gruppe weiter zu fördern, ist eine gemeinsame, spielerische Aktion der Gruppe ein probates Mittel. Der Raum gilt als Bühne für eine imaginäre Situation, die im übertragenen Sinne die Themen und Beziehungen der Gruppe beinhaltet. Das könnte z.B. so aussehen: Die Gruppe wird gebeten, eine WG-Party zu planen und zu feiern. Welche Rollen sind dafür notwendig? Es werden Rollenvorschläge gesammelt (kommt vielleicht die Party Crusherin zum Vorschein, die einfach ungebeten auftaucht oder der Pädagogik-Student, der sich um das Wohl der Gäste sorgt?). Durch die Übernahme von definierten Rollen nehmen die Teilnehmenden deren Perspektive an und „sehen die Welt mit deren Augen“. Die Wahl einer Rolle (und welcher Rolle) bleibt jederzeit den Einzelnen überlassen, nichts wird aufgezwungen. Der Spielraum wird eventuell noch mit Requisiten bestückt und dann geht es los, die Aktion beginnt. Alle improvisieren ihre Rollen, wie es ihnen einfällt. Vielleicht gibt es noch gelegentliche Interventionen der Moderatoren, möglicherweise läuft das Spiel aber auch einfach immer weiter.
Nach Beendigung des Spiels wird in der Gruppe gemeinsam über das Erlebte reflektiert. Zunächst wird gefragt, wie die übernommenen Rollen erlebt wurden, wie sich die Beziehungen zu den anderen Rollen entwickelt haben, was für Stimmungen wahrnehmbar waren.

Auswertung und Alltagsprogramm
Nach dem Rollenfeedback geht es an die Auswertung: Was hat das, was auf der Bühne erlebt wurde mit der Organisation oder mit deren Gruppendynamik zu tun? Welche Rollen fehlten? Warum? Gab es aufblitzende Konflikte, die an ähnliche Situationen in der Organisation erinnern? War eigentlich für die Kunden und Stakeholder gesorgt?
Aus dieser Auswertung werden viele Impulse und Erkenntnisse entstehen. Aufgrund der sehr aktivierenden Wirkung einer solchen Aktivität darf davon ausgegangen werden, dass diese Impulse in Ihrem folgenden Arbeitsalltag immer noch präsent sein werden. Aber um hier auch etwas "getrost nach Hause tragen" zu können, schließen wir den Nachmittag mit einer Reflexionsrunde in Kleingruppen ab. Welche Aspekte haben sich heute ergeben? Und welche Impulse erscheinen besonders wertvoll und sollen in den kommenden Wochen weiter verfolgt werden? Diese Listen werden zum Abschluss in der ganzen Gruppe zusammengetragen und ggf. schon Vorschläge zur Integration der gewonnenen Erkenntnisse festgehalten.